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19.09.2024 minutes

Glutenfreie Getreidesorten – ein Überblick

Im Supermarkt und Bioladen reihen sie sich ein zwischen Weizen, Roggen, Emmer, Gerste und Dinkel. Wir finden Buchweizenkörner neben Hirseflocken, Maismehl neben Amarantflocken, gepuffte Quinoa neben Johannisbrotkernmehl und, und, und. Die Auswahl an glutenfreien Getreiden scheint immer größer zu werden. Doch woran liegt’s und ist glutenfrei besser als glutenhaltig?

 

Was ist Gluten?
 

Gluten ist ein natürliches Eiweiß, das in verschiedenen Getreidesorten (zum Beispiel Weizen, Roggen, Dinkel etc.) vorkommt und aus verschiedenen Proteinen besteht. Sobald diese Feuchtigkeit abbekommen, verbinden sie sich und werden zu Gluten. Dieses Klebereiweiß, wie Gluten auch genannt wird, ist gerade für die Herstellung von Brot, Kuchen und Gebäck wichtig, denn es sorgt dafür, dass der Teig am Ende zusammenhält und nicht zerbröselt. Daher erfordert es auch etwas Übung und Erfahrung, Brot und Kuchen ohne Gluten herzustellen, denn wenn Gluten im Mehl fehlt, braucht es ein paar „Tricks“, um den Teig „zusammenzukleben“.

Gluten selbst ist nicht ungesund, auch wenn das heute oft propagiert wird. Für Menschen allerdings, die unter einer sogenannten Zöliakie leiden, kann es gefährlich werden …

 

Unterschied Zöliakie und Weizensensitivität
 

  • Zöliakie (auch „Sprue“ genannt) ist eine entzündliche Darmerkrankung, die auf einer lebenslange Glutenunverträglichkeit beruht. Laut Deutscher Zöliakie Gesellschaft e. V. liegt die Zahl der in Deutschland Betroffenen bei 10 bis 20 Prozent.                                                                                                             

    Bei einem Gesunden wird die Nahrung im Dünndarm in ihre Bestandteile zerlegt und gelangt über die Schleimhaut in den Körper. Leidet jemand unter Zöliakie, sorgt das Gluten dafür, dass sich die Darmschleimhaut entzündet, die Patienten bekommen starke Durchfälle und Bauchkrämpfe; die Darmzotten (die Falten, die den Darm auskleiden und seine Fläche daher enorm vergrößern) bilden sich zurück und es können nicht mehr genügend Nährstoffe aufgenommen werden. Diagnostiziert wird die Krankheit mithilfe von Bluttests und einer Dünndarmbiopsie. Die Therapie: eine lebenslange glutenfreie Diät – was schwierig ist, denn Gluten steckt nicht nur in Brot und Gebäck.
     
  • Weizensensitivität (genauer: „Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität“) ist eine Intoleranz gegenüber Weizenbestandteilen. Um eine Weizensensitivität festzustellen, sollte zunächst eine Zöliakie ausgeschlossen werden. Dann erfolgt eine ein- bis sechsmonatige glutenfreie Ernährung. Verbessern sich die Symptome nicht drastisch in den ersten beiden Wochen, kann eine Weizensensitivität vorliegen. Gluten kann die Ursache sein (dann spricht man von einer Glutenintoleranz), aber auch ATI (Adenosin-Triphosphat-Amylase), ein Protein, das in modernen Weizenzüchtungen vorkommen kann. Symptome: zum Beispiel Blähungen, Durchfall, Kopfschmerzen und Müdigkeit. Anders als bei einer Zöliakie kann sich eine Weizensensitivität/Glutenintoleranz bei einer strikten gluten- bzw. weizenfreien Ernährung in ein bis zwei Jahren wieder zurückbilden.

 

Bekannte glutenfreie (Pseudo-)Getreide
 

Es gibt mittlerweile zahlreiche glutenfreie Getreidesorten und immer wieder neue kommen hinzu – man findet sie mittlerweile schon in vielen Discountern und Supermärkten (dort meist in der Bioabteilung), aber auch in Drogeriemärkten und natürlich im Bioladen. Wer Gluten wirklich meiden muss (bei Zöliakie und zeitweise bei einer Glutenunverträglichkeit) hat es nicht ganz so leicht und muss sich intensiv mit dem Thema beschäftigen, denn Gluten steckt nicht nur in Brot und Backwaren, auch in Bier, Schokolade, Pommes frites, Soßen, Fertiggerichten und in vielem mehr kann es enthalten sein. Und wer glutenfrei backen muss oder möchte, muss sich zum einen sehr genau an die Rezeptangaben halten und zum anderen auch viele Mehlkombinationen ausprobieren. Aber mit etwas Übung bekommt man mit der Zeit den Dreh raus …

Glutenhaltige Mehle kann man leider nur selten 1:1 durch glutenfreie Mehle ersetzen, da das Gluten (der Kleber) fehlt und Kuchen und Gebäck dadurch sehr trocken werden können und auseinanderfallen. Man kann aber meist 20 bis 30 Prozent des glutenhaltigen Mehls ersetzen oder verschiedene glutenfreie Mehle miteinander kombinieren (siehe unten). Und immer dran denken: Glutenfreies Mehl braucht mehr Flüssigkeit und mehr Zeit zum Gehen.
 

Die folgende glutenfreie Mischung bietet sich an:
 

  • 2 Teile glutenfreies Mehl (zum Beispiel Reismehl, Maismehl, Hirsemehl, Quinoamehl, Buchweizenmehl)
  • 1 Teil Stärkemehl (zum Beispiel Kartoffelmehl, Maisstärke, Mandelmehl, Teffmehl, Sojamehl, Kokosmehl)
  • 1 Teil Bindemittel (zum Beispiel Flohsamenschalen, Leinsamen/Leinmehl, Johannisbrotkernmehl, Chiasamen, Guarkernmehl)

 

  • Amarant ist ein sogenanntes Pseudogetreide; es ist also kein Getreide, sondern gehört botanisch gesehen zu den Fuchsschwanzgewächsen. Die kleinen Körnchen erinnern optisch an winzige Getreidekörner und enthalten jede Menge Eiweiß und gesunde Fettsäuren, zum Beispiel Linolsäure, eine essenzielle Fettsäure, die der Körper nicht selbst herstellen kann und die für strahlende Haut sorgt. Amarant gibt es als Körner zum Kochen, gepoppt etwa für Müsli und Joghurt und auch als Mehl.
     
  • Buchweizen:
    Mit Getreide, sprich Weizen, hat Buchweizen nichts zu tun, er ist ein Knöterichgewächs, schmeckt herb-nussig (was nicht jeder mag), enthält Lysin (einen Eiweißbaustein, der für starke Knochen sorgt), Eisen und Kieselsäure. Buchweizen wird oft zum Backen verwendet (in der Bretagne zum Beispiel für die bekannten französischen Galettes). Es gibt ihn als ganze Körner (etwa für eine Beilage, für Aufläufe und Bratlinge), als Mehl und Grieß, als Flocken oder auch Grütze (für Brei oder ebenfalls für Bratlinge).
     
  • Hafer ist – eigentlich – von Natur aus glutenfrei. Hafer aus herkömmlichem Anbau weist aber starke Verunreinigungen mit Weizen, Roggen und Gerste auf. Wer also kein Gluten verträgt, muss explizit darauf achten, dass auf der Verpackung „glutenfrei“ steht. Hafer enthält viele B-Vitamine, Eisen, Zink und Magnesium, hochwertiges Eiweiß und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Mit Hafermehl pur gelingt das Backen weniger gut, auch schmeckt der Teig oft bitter, Du solltest das Mehl daher mit anderen glutenfreien Sorten mischen. Ansonsten gibt es natürlich Haferflocken in unterschiedlichsten Varianten (grob, fein, zartschmelzend) sowie Haferkleie – für Müsli, Porridge und Bratlinge.
     
  • Hirse gibt es geschält (wie weißen Reis) und ungeschält (Braunhirse) und ist unter anderem reich an Eisen, Zink, Vitamin B3 und Kieselsäure. Es gibt Hirsekörner, die man als Beilage wie Reis kochen kann (sie sind auch im Kochbeutel erhältlich), Hirsemehl, Hirseflocken (an deren Geschmack man sich aber gewöhnen muss) und Hirsebrei (auch für Babys/Kleinkinder).
     
  • Kokosmehl entsteht bei der Kokosölpressung. Das Kokosnussfleisch wird getrocknet, entölt und fein gemahlen. Kokosmehl ist ballaststoffreich, arm an Kohlenhydraten und enthält wie Mandelmehl nur rund 10 g Fett auf 100 g Mehl. Ausschließlich mit Kokosmehl zu backen, funktioniert, allerdings nimmt das Mehl viel Flüssigkeit auf und so benötigst Du im Teig mehr Eier und mehr Flüssigkeit. Daher ist ein Mix mit anderen Mehlsorten (auch wegen des Eigengeschmacks) wohl die bessere Wahl.
     
  • Mais zählt zur Familie der Süßgräser und enthält unter anderem Kalium, Magnesium und Betacarotin. Maismehl ist auch häufig in glutenfreien Backmischungen enthalten. Neben Mehl gibt es Maisgrieß (Polenta) und Cornflakes aus Mais.
     
  • Mandelmehl besteht aus entölten Mandeln, einem Nebenprodukt aus der Mandelölherstellung, und ist wie Kokosmehl sehr fettarm (100 g Mandelmehl enthält ebenfalls ca. 10 g Fett), weshalb es gerade in der Low-Carb-Küche eingesetzt wird. In Backrezepten kann man rund 10 bis 20 Prozent Mehl durch Mandelmehl ersetzen. Aber Achtung: Wie Kokosmehl bindet es mehr Flüssigkeit als zum Beispiel Weizenmehl, daher muss die Flüssigkeitsmenge angepasst werden.

  • Quinoa wird auch als Reis der Inkas bezeichnet, ist ebenfalls kein Getreide und gehört zu den Gänsefußgewächsen (wie beispielsweise Spinat). Die Körnchen erinnern optisch an Hirse, sehen aber im gekochten Zustand ganz anders aus. Auch in Quinoa steckt jede Menge Eiweiß. Quinoa gibt es als Körner (auch im Kochbeutel), gepufft (fürs Müsli oder für Gebäck), als Flocken und auch als Mehl.
     
  • Reis:
    Es gibt weltweit mehr als 100.000 Reissorten, geschält, ungeschält, schwarzer Reis, Risottoreis, Milchreis u. v. m. In der ungeschälten Variante (Naturreis) liefert Reis die meisten Mineralstoffe (zum Beispiel Magnesium). Reis ist eine beliebte Beilage, Reismehl verwendet man oft zum Binden und es ist in vielen Backmischungen enthalten. Reisflocken pur sind recht hart, aber Du kannst daraus ein leckeres Porridge kochen. Es gibt sogar Milchreisflocken – so wirklich wie „echter“ Milchreis schmecken sie aber nicht. Dann besser gleich Milchreis kochen – dauert zwar länger, schmeckt aber leckerer!
     
  • Sojamehl wird aus ganzen Sojabohnen hergestellt (sie werden geschält, gereinigt und zu Mehl vermahlen) oder es entsteht aus dem Nebenprodukt bei der Sojaölgewinnung (Presskuchen). Sojamehl ist sehr eiweißreich, enthält Vitamin B2, Folsäure, Kalzium und Eisen. Bis zu 30 Prozent des Mehls kannst Du durch Sojamehl beim Backen ersetzen.

Tipp: Sojamehl ist ein beliebter Ei-Ersatz: Um ein Hühnerei zu ersetzen, verrührst Du 1 EL Sojamehl mit 2 EL kohlensäurehaltigem Mineralwasser und lässt das Ganze 5 Minuten quellen.
 

  • Teff (auch „Zwerghirse” genannt) zählt wie Hirse zu den Süßgräsern, ist das kleinste Getreide der Welt und stammt aus Äthiopien. Teff schmeckt leicht nussig und süß und liefert viel Eisen, Magnesium und Kalzium. Backen nur mit Teffmehl funktioniert, da das Mehl eine gute Bindekraft hat und auch Flüssigkeiten gut aufnehmen kann. Traditionell werden aus Teffmehl zum Beispiel Fladen hergestellt.


Grundlos auf Gluten zu verzichten, wird nicht empfohlen. Denn Lebensmittel mit Gluten, vor allem wenn es sich um Vollkornprodukte handelt, liefern wertvolle Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe, die der Körper braucht. Für geschmackliche Abwechslung in Brot und Kuchen sorgen Kokos-, Mandel-, Teffmehl und Co. aber auf jeden Fall und sind einen leckeren (Back-)Versuch wert. Probier’s doch mal aus!